
🩺 Brachyzephalie beim Hund – ein zuchtbedingtes Gesundheitsrisiko
Die sogenannte Brachyzephalie (Kurzköpfigkeit) beschreibt eine genetisch bedingte Verkürzung des Gesichtsschädels, wie sie u. a. bei Möpsen, Französischen und Englischen Bulldoggen auftritt. Diese Kopfform führt bei vielen betroffenen Tieren zu teils erheblichen gesundheitlichen Einschränkungen.
🔬 Ursachen:
Die Brachyzephalie basiert auf Mutationen insbesondere in den Genen BMP3 (Bone Morphogenetic Protein 3) und SMOC2 (SPARC-Related Modular Calcium Binding 2). Diese beeinflussen das Schädelwachstum bereits embryonal. Je ausgeprägter die Mutation, desto kürzer wird der viszerokraniale Anteil (Schnauze).
❗ Klinisch relevante Folgen:
– Brachyzephales Obstruktives Atemwegssyndrom (BOAS)
– Thermoregulationsstörungen durch unzureichendes Hecheln
– Malokklusionen (Fehlstellungen der Zähne durch Platzmangel)
– Kornealverletzungen, da die Augäpfel exponiert sind
– Geburtskomplikationen durch disproportionierte Welpenköpfe
– Chronische Dermatitis in Hautfalten (Faltenpyodermie)
⚠️ Achtung – der Schein kann trügen:
Nicht jeder Hund mit optisch längerer Schnauze ist auch genetisch frei von Brachyzephalie.
Ein äußerlich „langnasiger“ Hund kann dennoch Träger der krankheitsverursachenden Mutationen in BMP3 oder SMOC2 sein – und diese auch rezessiv an die Nachkommen weitergeben.
➡️ Nur ein genetischer Test gibt Gewissheit.
🧪 Diagnostische und präventive Maßnahmen:
– Genotypisierung auf SMOC2 und BMP3 bei Zuchttieren
– Berechnung des FiC-Werts (Facial Index Cranialis) zur objektiven Beurteilung der Kopflänge
– Zuchtselektion auf moderate Kopfform
– Ausschluss extrem brachyzephaler Tiere aus der Reinzucht
✅ Vorteile einer nicht-brachyzephalen Schädelstruktur:
– Physiologische Atmung und Thermoregulation
– Normale Zahnstellung und orale Gesundheit
– Höhere Geburtswahrscheinlichkeit auf natürlichem Wege
– Deutlich reduzierte tierärztliche Folgekosten und operative Eingriffe
– Höhere Lebenserwartung und Lebensqualität
⚠️ Fazit:
Die Brachyzephalie ist kein harmloses Schönheitsmerkmal, sondern stellt eine zuchtinduzierte chronische Belastung für viele Hunde dar.
Eine zuchtethisch verantwortungsvolle Selektion ist medizinisch und tierschutzrechtlich geboten – und sie beginnt mit genetischem Wissen, nicht mit bloßem Augenschein.
📢 Tierärzte, Züchter und Käufer tragen gemeinsam Verantwortung.
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